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Dezentrale Energieerzeugung: Gefährdungsbeurteilung

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Gefährdungsbeurteilung zum Thema „Nachhaltige, dezentrale Energieerzeugung“

Gefährdungsbeurteilung zum Thema „Nachhaltige, dezentrale Energieerzeugung“

Unter „nachhaltiger, dezentraler Energieerzeugung“ versteht man die Gewinnung von Energie (insbesondere Strom und Wärme) aus erneuerbaren bzw. umweltfreundlichen Quellen nahe am Verbrauchsort – zum Beispiel durch Photovoltaikanlagen, Kleinwindanlagen, Blockheizkraftwerke (BHKW) mit Biomasse oder Biogas, Wärmepumpen oder andere lokale Energiequellen. Diese Anlagen tragen maßgeblich zur Energiewende und zur Unabhängigkeit von zentralen Versorgungsnetzen bei. Aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht ist jedoch klar: Auch für die Installation, den Betrieb und die Wartung dezentraler und nachhaltiger Energieerzeugungsanlagen müssen Gefährdungsbeurteilungen (GBU) durchgeführt werden. Sobald Beschäftigte oder Dritte in Unternehmen mit einer solchen Anlage interagieren (Planung, Montage, Wartung, Betrieb), greift § 5 ArbSchG und die BetrSichV. Typische Risiken sind elektrische Gefährdungen (Hochspannung, DC-Strom, Lichtbogen), Explosionsgefahr (Biogas, Wasserstoff, Brennbare Stäube), Brandrisiko, Absturz, Lärm, Thermische Belastungen. Wichtige Normen (VDE, DGUV, TRBS) konkretisieren die Anforderungen. Eine gewissenhafte GBU ist unabdingbar für einen sicheren und effizienten Betrieb der Anlagen und leistet zugleich einen wertvollen Beitrag zur Energiewende – ohne Abstriche bei Sicherheit und Gesundheit.

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

  • § 5 ArbSchG verpflichtet Arbeitgeber (bzw. Betreiber von Arbeitsstätten) zu einer systematischen Gefährdungsbeurteilung für alle Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte (oder auch Dritte) Gefahren ausgesetzt sein können.

  • Dazu zählen auch Arbeiten an und mit dezentralen Energieerzeugungsanlagen, sobald sie in betrieblichen Kontext eingebunden sind.

Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)

  • Regelt den sicheren Betrieb von Arbeitsmitteln und von überwachungsbedürftigen Anlagen.

  • Dezentral erzeugende Anlagen wie Blockheizkraftwerke, Dampf- oder Heißwassererzeuger (z. B. bei Biogas-BHKW) können in den Anwendungsbereich fallen.

  • Ebenso sind elektrische Energieerzeugungsanlagen zu beurteilen (z. B. Photovoltaik (PV), Wechselrichter, Stromspeicher) hinsichtlich ihrer Sicherheit.

DGUV Vorschriften und Regeln

  • DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“: Verpflichtet Unternehmen, Gefährdungen zu ermitteln und geeignete Schutzmaßnahmen umzusetzen.

  • Branchenspezifische DGUV-Regeln können von Relevanz sein, etwa DGUV Regel 103-011 (Umgang mit Biogas), DGUV Regel 203-032 (Sicherheit und Gesundheit bei der Montage und Wartung von PV-Anlagen) oder andere einschlägige Publikationen.

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) / Energiesammelgesetz

  • Regelt vor allem den Markt- und Förderrahmen (Einspeisevergütung, Netzanbindung), enthält aber keine direkten Arbeitsschutzvorschriften.

  • Indirekt sind jedoch technische Regelungen zum Netzanschluss zu beachten (z. B. VDE-Anwendungsregeln).

Weitere gesetzliche Grundlagen

  • Baurecht und Landesbauordnungen: Vorschriften zur Genehmigung von Anlagen (z. B. Brand- und Explosionsschutz, Abstandsflächen).

  • Immissionsschutzrecht: Falls z. B. Lärm- oder Geruchsemissionen bei Biogas- oder BHKW-Anlagen auftreten.

Fazit

Eine Gefährdungsbeurteilung ist verbindlich, sobald Beschäftigte (oder auch andere Personen im betrieblichen Umfeld) mit dem Planen, Errichten, Betreiben oder Warten dezentraler Energieerzeugungsanlagen zu tun haben.

Hohe Spannungen und Ströme (z. B. bei PV-Anlagen, Batteriespeichern)

  • Berührungsgefahr, Lichtbögen, elektrische Schläge.

  • Hinzu kommt mögliche Gleichspannung bei PV-Anlagen, die sich nicht „einfach abschalten“ lässt, solange Sonne scheint.

Mechanische Gefährdungen

  • z. B. bei Montage von Solarpanels auf Dächern (Absturzgefahr), bei Kleinwindanlagen (rotierende Teile, Masten), bei Blockheizkraftwerken (Bewegliche / rotierende Antriebe, Wartung von Motoren).

Gefahrstoffe und Explosionsrisiken

  • Biogas-Anlagen (Methan, Schwefelwasserstoff) und andere Gase sind entzündlich bzw. toxisch.

  • Speichersysteme wie Lithium-Ionen-Batterien oder Wasserstoffspeicher bergen Brand- oder Explosionsgefahren.

  • Betriebsmittel wie Kältemittel (bei Wärmepumpen), Öle, Kraftstoffe für BHKW (bei Notstromdiesel).

Brandschutz

  • PV-Anlagen auf Dächern erschweren ggf. die Feuerwehr-Taktik (Dachzugang).

  • Lithium-Ionen-Speicher bergen spezielle Brandrisiken (thermisches Durchgehen).

  • Biogas- oder Holzhackschnitzelanlagen benötigen umfassende Brandschutzkonzepte.

Arbeiten in Höhen

  • Insbesondere bei Photovoltaikmontage (Dacharbeit, Leiter, Gerüste) oder Kleinwindanlagen (Masten).

  • Absturzsicherung, PSA gegen Absturz, Gerüstbauvorschriften müssen beachtet werden.

Wartung und Instandhaltung

  • Freischaltung und Kennzeichnung von Anlagenteilen (Lockout-Tagout).

  • Risiken durch heiße / druckführende / spannungsführende Teile.

Umwelt- und Entsorgungsaspekte

  • Altmodule, defekte Speicher (Batterien) sind gefährliche Abfälle.

  • Ggf. Gefährdungen beim Umgang mit Elektro(nik)schrott oder Chemikalien (Elektrolyte, Metallverbindungen).

    Kleinwindkraftanlagen

    • Mechanische Risiken (Rotorblätter), Absturz bei Mastarbeiten.

    • Ggf. elektrische Gefährdungen (Generator, Netzeinspeisung).

    Blockheizkraftwerke (BHKW)

    • Verbrennungsmotor (Diesel, Gas, Biogas) mit heißen Oberflächen, beweglichen Teilen.

    • Schallschutzanforderungen, Explosionsschutz bei Biogas.

    • Abgas- und Brandgefahren.

    Biomasseanlagen (z. B. Holzhackschnitzel, Pellets)

    • Staubbildung → Explosionsrisiko bei Holzstaub, CO-Gefahr in Lagerräumen.

    • Heiße Kessel, Fördertechnik mit Quetschstellen.

    Wärmepumpen

    • Kältemittel (z. B. Propan bei modernen Geräten → Brand- oder Explosionsrisiko).

    • Elektrische Komponenten, ggf. Schallbelastung (Kompressor).

    Energiespeicher (Batteriespeicher, Wasserstoff)

    • Lithium-Ionen-Batterien: Risiko thermisches Durchgehen, Brand, toxische Gase bei Zellzerstörung.

    • Wasserstoffspeicher: Explosionsfähigkeit, Druckspeicher, H₂-spezifische Materialien.

    DIN VDE 0100 (Errichten von Niederspannungsanlagen)

    • Fundamentale Elektroinstallationsnorm. Relevant beim Anschluss von PV-Wechselrichtern, BHKW-Generatoren etc.

    VDE Anwendungsregeln (VDE-AR-N 4105, 4100, 4110 …)

    • Regeln zur Netzintegration dezentraler Erzeugungsanlagen (PV, BHKW).

    • Beschreiben Anforderungen an Schutzkonzepte, Messkonfiguration, Schutzeinrichtungen.

    VDE 0126-xx / DIN EN 62109 (Anforderungen an netzgekoppelte Wechselrichter, PV-Generatoren)

    • Sicherheitsanforderungen für Solarwechselrichter und Komponenten.

    TRGS (Technische Regeln für Gefahrstoffe)

    • Bei Biogas- oder Batterienutzung (TRGS 725/727 zum Explosionsschutz; TRGS 900/910 zu Arbeitsplatzgrenzwerten, z. B. bei Gasen).

      DGUV Regel 203-032 „Arbeiten an Photovoltaik-Anlagen“

      • Konkretisiert Unfallverhütungsvorschriften für Montage und Wartung von PV-Systemen (Absturzsicherung, Elektrosicherheit).

      Diverse DIN/ISO für Biogasanlagen (z. B. DIN EN 50438, DIN EN 11728, VDI 4630)

      • Enthalten Planungs-, Sicherheits- und Umweltschutzanforderungen.

      Erfassen der geplanten oder bestehenden Anlage

      • Art der Energieerzeugung (PV, BHKW, Biogas, Kleinwind etc.).

      • Technische Daten (Leistung, Spannungsniveau, Druck- oder Temperaturbereiche, Speicherkapazität).

      • Standort (z. B. Dach, Außenbereich, Gebäudetechnikraum).

      Identifizieren der Gefährdungen

      • Checklisten oder Vorlagen nutzen (z. B. DGUV-Informationen).

      • Physische Gefährdungen (Stromschlag, Explosion), Absturz, Brandrisiken, Lärm, thermische Belastung, chemische Stoffe.

      Bewerten des Risikos

      • Eintrittswahrscheinlichkeit (z. B. Berührung spannungsführender Teile bei Wartung, Leckagen) und mögliche Schadensauswirkung (Verletzungsschwere, Brand).

      • Festlegung, ob zusätzlich externe Gutachter (z. B. Sachverständige für Druckgeräte, Explosionsschutz) erforderlich sind.

      Festlegen und Umsetzen von Schutzmaßnahmen

      • Technisch: Schutzeinrichtungen (Sicherheitsventile, Abschaltung, Abdeckung, Blitz- und Überspannungsschutz), Brandschutz (Feuerlöscher, Brandmeldeanlagen), Absturzsicherungen (Geländer, PSA).

      • Organisatorisch: Regelmäßige Prüfungen (Elektroprüfung nach DGUV V3, Prüfung druckbeaufschlagter Systeme), Wartungspläne, Explosionsschutzdokument (ATEX), klare Verfahrens- und Betriebsanweisungen.

      • Personell: Unterweisungen, Eignungsuntersuchungen (z. B. Lärm, Atemschutz, Arbeiten in Höhen), Notfallpläne.

      Dokumentation

      • Nach § 6 ArbSchG müssen GBU-Ergebnisse, Maßnahmen, Prüfungen etc. festgehalten werden.

      • Integration in ein vorhandenes Arbeitsschutz- oder Energiemanagementsystem (z. B. nach ISO 45001 oder ISO 50001).

      Überprüfung und Aktualisierung

      • Mindestens einmal jährlich (oder bei Änderungen, Störungen, Unfällen) erneut bewerten.

      • Einbeziehung der Beschäftigten (Feedback zu Problemen oder Sicherheitsmängeln).

      Zugriffsberechtigungen

      • Insbesondere in Bereichen mit Hochspannung (PV, Batteriespeicher) oder Biogas kann Zutrittsbeschränkung notwendig sein.

      • Nur speziell geschulte Fachkräfte dürfen eingreifen (z. B. Elektrofachkraft nach DGUV Vorschrift 3).

      Brandbekämpfungskonzept

      • Bei PV-Anlagen: Berücksichtigung der Feuerwehrtaktik (DC-Leitungen bleiben unter Spannung, besondere Löscheinschränkungen).

      • Batterieräume: Rauchmelder, Rauchabzüge, Zugangsüberwachung, ggf. inertgas- oder aerosollöschfähige Systeme.

      Arbeit an/in Biogas-Behältern

      • Ggf. Sicherheitskriterien für „geschlossene Räume“ (Eintritt nur mit Freigabeverfahren, Gasmessung, Atemschutz).

      • Explosionsschutz-Zonen definieren (ATEX), entsprechende Kennzeichnungen und Schutzausrüstungen.

      Koppelung mit Elektromobilität

      • Bei Ladestationen für E-Fahrzeuge: zusätzliche Normen (z. B. DIN EN 61851), mögliche Lastmanagement- und Brandschutzaspekte.

      Energiewende und Innovationsdruck

      • Neue Technologien (z. B. Wasserstoff-Elektrolyseure, Hochvoltbatterien) erfordern laufende Fortbildung und Aktualisierung der GBU.

      • Betriebsanweisungen eng abstimmen mit Herstellern, Lieferanten und Sachverständigen.